Lavagem do Bonfim – Salvadors größtes Stadtfest nach dem Karneval
von Chris Tokple
Das zweitgrößte Stadtfest Salvadors in Brasilien ist das Fest Lavagem Do Bonfim und findet jedes Jahr am zweiten Donnerstag nach dem „Dia de Reis“ statt. Die acht Kilometer lange Prozession war ursprünglich ein katholisches Fest, für viele Anhängern der afro-brasilianischen Religion Candomblé spielt es allerdings auch eine wichtige Rolle. Heutzutage ist es eine multikulturelle Veranstaltung und eine Attraktion für Einheimische und Touristen.
Um 8 Uhr morgens, bei 30°C, stehe ich vor der Kirche Igreja da Conceição da Praia, hier beginnt der Festzug. Um mich herum stehen schon tausende weitere Menschen, die meisten komplett in weiß gekleidet und mit bunten, hüftlangen Ketten geschmückt. Zwischen den Menschenmengen befinden sich einige Straßenkapellen, die mit Samba Reagge- und Afoxe- Rhythmen die Menge während der Prozession einheizen. Nachdem der Priester in der Kirche seinen Segen geben hat, bricht die Menschenmenge auf. Sogar der Gouverneur und der Bürgermeister nehmen teil, allerdings umgeben von einem Tross von Bodyguards. Ziel der Prozession ist die Kirche Igreja de Nosso Senhor do Bonfim. Den größten Teil der Strecke geht es nur sehr langsam voran, insbesondere um die Straßenkapellen drängelt sich ein großer Teil der Menschen. Ich bin froh Sonnenmilch und eine Kopfbedeckung dabei zu haben, denn es ist noch nicht 12 Uhr und die Sonne brennt schon jetzt auf der Haut.
An den Straßenrändern finde ich zum Glück immer ausreichend Flüssigkeit, denn auf dem gesamten Weg befinden sich kleine Straßenstände, die Wasser, Kokoswasser und vor allem Bier verkaufen. Außerdem gibt es Frittiertes und Gegrilltes und das typisch bahianische Acarajé. In einigen Lokalen machen weitere Gruppen live Musik, außerdem sehe ich auch einige Capoeira-Gruppen, die eindrucksvoll ihre Fähigkeiten zur Schau stellen. Nach knapp 3 Stunden erreiche ich den Platz vor der Kirche Bonfim. Auf den letzten Metern wurde die Menschmasse immer dichter, der Platz ist schon komplett gefüllt. Ich sehe einige Candomblé-Anhänger, die mit religiösen Blättern und Flüssigkeiten Rituale durchführen. Auf den Treppen vor der Kirche hat schon die Waschung („Lavagem“) angefangen: Bahianische Frauen, in den typischen Kleidern des Candomblé, schütten Wasser aus Blumenvasen über die Treppe vor der Kirche. Dazu jubeln die Menschen lautstark. Schließlich tritt auch der Priester der Gemeinde Bonfim ans Fenster der Kirche und hält eine kurze Ansprache, die von der Menschenmenge gefeiert wird. Unterdessen geht das Gedrängel vor der Kirche weiter. Jeder versucht nun eines der typischen bunten Bändchen an dem Gitter vor der Kirche anzubringen. Dieses Ritual soll Glück und Gesundheit für das kommende Jahr bringen. Es sind auch viele kranke Menschen unter den Teilnehmern. Einige sind total erschöpft, werden gestützt oder sogar getragen. Diese Menschen nehmen die acht Kilometer lange Prozession auf sich, in der Hoffnung, von ihrem Leiden erlöst zu werden.
Ich schlage langsam den Rückweg ein. Die Straßen sind noch bis zum späten Abend gesperrt, daher ist die große Party noch lange nicht zu Ende. Obwohl die eigentliche Prozession schon vorbei ist, kommen mir noch weitere Straßenkapellen und Umzugswagen entgegen, jetzt zum Teil auch mit elektronischer Musik. Die Straßen sind voll und die Stimmung ausgelassen. Die freundliche Atmosphäre, die gute Laune der Menschen und die Tradition dieses Festes bleiben mir noch lange in Erinnerung und werden sicherlich jeden Besucher beeindrucken.