Erlebnis im Nationalpark Anavilhanas
von Chris Tokple
Der Amazonas-Regenwald in Brasilien weckt in vielen Menschen eine Sehnsucht nach unendlichen Wäldern, exotischen Tieren und mystischen indigenen Stämmen. Ausgangspunkt für Ausflüge ist oft Manaus. Obwohl im Herzen der Amazonas-Region gelegen, lässt sich in Manaus die einzigartige Natur dieses Ökosystems nur erahnen. Daher bietet sich ein Ausflug in den nahe gelegenen Nationalpark Anavilhanas an, um den Amazonas in seiner vollen Pracht kennenzulernen.
Meinen Ausflug in den Nationalpark Anavilhanas beginne ich in Novo Airão, 3 Stunden entfernt von Manaus. Die Stadt war kurzzeitig einer der wichtigsten Ausflugsorte in der Region, denn hier konnten Touristen mit den grauen und rosafarbenen Flussdelphinen schwimmen. Zum Schutz der Tiere wurde diese Attraktion jedoch eingestellt.
Valmir, mein Guide, ist im Nationalpark aufgewachsen und kennt sich in der Natur bestens aus, so, dass er sogar Überlebenstraining für das Militär durchführt. In seinem kleinen Motorboot brechen wir auf. Ich bin sofort beeindruckt von der dunklen Farbe des Flusses, die im Kontrast steht zum bräunlich-gelben Flusswasser des Amazonas. Die ganze Fahrt über sehen wir Flussdelphine, die elegant aus dem Fluss auftauchen. Weitestgehend ist die Wasseroberfläche spiegelglatt, die Landschaft wird in beeindruckender Weise auf der Wasseroberfläche reflektiert. Im Gegensatz dazu stehen die unzähligen gelben Sandstrände, für die der Nationalpark Anavilhanas bekannt ist. „In der Regenzeit werden viele Strände vom Rio Negro überflutet und einige der 400 Inseln verschwinden komplett”, erklärt mir Valmir. An einer der Inseln halten wir und tauchen in den Urwald ein. Moskitos gibt es hier kaum welche, auch nicht in der Regenzeit. Grund hierfür ist der hohe Säuregehalt des Rio Negros. Wie man sich hier vor Mücken schützt, zeigt mir Valmir trotzdem. Er legt seine Hand auf einen Ameisenbau, wartet bis seine Hand vollständig mit Ameisen bedeckt ist und verreibt diese dann auf seiner Haut. Der dabei entstehende Geruch hält viele Insekten auf Abstand.
Umgeben von hunderten verschiedenen Pflanzen erläutert mir mein Guide die besondere medizinische Wirkung der Wurzeln, Rinden und Blätter der verschiedenen Arten. Es gibt allerdings auch sehr giftige Pflanzen. Indigene Stämme präparieren ihre Jagdwerkzeuge mit diesen Substanzen. An einem schmalen Baum macht mich Valmir auf riesige Ameisen aufmerksam. Diese Ameisen werden Tocandera auf der indigen Sprache Tupí genannt und sollen den schmerzhaftesten Insektenstich der Welt abgeben. Einige Meter weiter hat mein Guide wieder etwas entdeckt. An einer kleinen Höhle unter einem Baumstamm zwischen buntem Laub lauert eine Riesenvogelspinne, mit einem Körper so groß wie eine Handfläche! Hier scheint es nicht nur alle möglichen Lebewesen zu geben, alles erscheint auch überdimensional groß. Mein Gedanke wird bestätigt, als wir schließlich vor einem Samaúma stehen. Die Bäume dieser Art gehören zu den größten und ältesten im Amazonas. Einige Exemplare sind über 500 Jahre alt und haben einen Umfang von über 12 Metern. Von den Einheimischen wird dieser Gigant auch „Mutter des Waldes“ genannt.
Auf unserem Weg zurück zum Boot haben wir Glück. In einigen Baumkronen können wir Brüllaffen entdecken. Das Schreien dieser Affen kann man vor allem morgens kilometerweit hören. Neben den unzähligen Vogelarten, die wir sehen, bleibt mir vor allem der Tukan in Erinnerung. Mit seinem großen, geschwungen und bunten Schnabel lässt er sich einfach von den anderen Vögeln unterscheiden. Zur Vogelbeobachtung ist ein Fernglas sehr sinnvoll.
Nach diesem Tagesausflug bin ich fasziniert von dieser einzigartigen Region und mache mit meinem Guide Valmir aus, das nächste Mal tiefer in den Regenwald einzudringen und dann auch dort zu übernachten.